Künstler der Woche
Interview mit Melissa Kross

Hallo Melissa, dein Vater war Sänger und Songwriter. Was sind deine ersten Erinnerungen an das gemeinsame Singen und Musizieren?
Mein Vater und ich waren eins. Durch ihn durfte ich schon mit drei Jahren auf der Bühne stehen und ihn zu seinen Auftritten begleiten. Seit seinem plötzlichen Tod im vergangenen November ist Musik für mich das, was mich für immer mit ihm verbinden wird. Während des Lockdowns haben wir gemeinsam den Beatles-Song „Something“ aufgenommen – dieses Duett möchte ich zu seinem Geburtstag am 27. Juli auf allen Plattformen veröffentlichen. Ich werde mein Bestes geben, sein unglaubliches Talent weiterzutragen, denn ich habe ihm alles zu verdanken. Ich glaube, ich hatte dank ihm die schönste Kindheit, die man sich vorstellen kann. Aufgewachsen mit der Musik der Beatles, Eric Clapton, Bob Dylan und vielen anderen, waren wir ständig gemeinsam unterwegs – oft auch in spanischen Lokalen, wo ich mit fünf Jahren schon Flamenco getanzt habe. Für mich war es das Natürlichste der Welt, einfach auf die Bühne zu gehen. Deshalb fühlt es sich bis heute an wie Heimkommen, wenn ich auf der Bühne stehe. Meinen Namen verdanke ich übrigens dem Song „Sweet Melissa“ von der Allman Brothers Band.
Standet ihr auch gemeinsam auf der Bühne?
Ja, vor allem während meiner Kindheit. Später trennten sich unsere musikalischen Wege etwas – er war eher im Rock’n’Roll zuhause, während ich mich dem Chanson, Swing und Jazz gewidmet habe. Aber es gab immer Songs wie „Que Sera, Sera“ oder „I Have a Dream“ von ABBA, die wir bei unseren Auftritten als kleine Überraschung gemeinsam gesungen haben.
Du hast an der Stage & Musical School Frankfurt Gesang, Tanz und Schauspiel studiert. Wieviel Schauspiel bringst du mit auf die Bühne?
Für mich ist jeder Song wie ein kleiner Film mit einer eigenen Handlung. Ich versuche, mich wirklich in die jeweilige Rolle hineinzuversetzen, um dem Publikum das Gefühl und die Geschichte hinter dem Lied authentisch zu vermitteln.
Du hast zehn Jahre in Südfrankreich gelebt. Was hat dich an der dortigen Musik- und Kulturszene am meisten inspiriert?
Der französische Chanson! Als ich mit 14 den Film über Édith Piaf sah, habe ich noch in derselben Nacht „Non, Je Ne Regrette Rien“ gelernt, weil mich das so berührt hat. Zwei Tage später sollten wir im Französischunterricht etwas vorsingen – der Song war zufällig auf der Karaoke-CD, also habe ich ihn der Klasse präsentiert. Meine Lehrerin hatte Tränen in den Augen und sagte: „Melissa, das musst du machen!“ Danach durfte ich auf allen Schulfesten Chansons singen. Schnell war klar, dass ich eines Tages nach Frankreich wollte. Als ich dann in der Provence lebte, hat mich die entspannte Lebensart und das „savoir vivre“ sehr geprägt. Dort konnte ich mein Französisch perfektionieren – heute habe ich sogar ein bisschen den südfranzösischen Akzent, den „accent du midi“.
Du sprichst sechs Sprachen – Deutsch, Englisch, Französisch, Kroatisch, Italienisch und Spanisch. Woher kommt diese Sprachvielfalt, und in welcher Sprache singst du am liebsten?
Ich denke, mein musikalisches Gehör hilft mir sehr beim Erlernen neuer Sprachen und beim Imitieren von Akzenten. Ich bin mit Deutsch und Kroatisch aufgewachsen. Mein Vater sprach auch fließend Spanisch, und davon habe ich als Kind einiges mitbekommen. Französisch spreche und singe ich wahrscheinlich am flüssigsten – neben Englisch. Italienisch liebe ich wegen seines musikalischen Klangs, deshalb arbeite ich aktuell daran, auch in dieser Sprache mehr zu singen.
Du hast eine besondere Freundschaft zu Deana Martin, der Tochter von Dean Martin, aufgebaut. Wie ist es dazu gekommen?
Das ist wirklich ein ganz besonderes Geschenk. Während des Lockdowns hat Deana regelmäßig Livestream-Konzerte gegeben und dazu aufgerufen, ihr zu schreiben, was uns mit der Musik ihres Vaters verbindet. Ich schrieb ihr, wie sehr ich diese „Old Hollywood“-Zeit liebe und dass ihr Vater für mich der Größte war. Sie antwortete sofort, erzählte in ihrer nächsten Show von mir und nannte mich eine großartige Sängerin. Danach begannen wir täglich zu schreiben. Eines Tages rief sie mich sogar an, um mir ein frohes neues Jahr zu wünschen. Seitdem telefonieren wir regelmäßig. Sie motiviert mich sehr und ist eine echte Stütze für mich geworden. Sie hat mich sogar eingeladen, bei ihren Konzerten in den USA mitzusingen – das steht bald an.
Was sind deine langfristigen Ziele als Künstlerin? Planst du besondere Auftritte, Kooperationen oder musikalische Experimente?
Ich möchte an eigenen Kompositionen arbeiten und ein Album aufnehmen. Außerdem plane ich eine große Bühnenshow mit französischem Chanson, Swing und Jazz – eine Produktion, die sowohl für Theater als auch für Events geeignet ist. Eine meiner bestehenden Shows ist zum Beispiel meine Marilyn-Monroe-Double-Show. Mein Ziel ist es, Menschen mit handgemachter Musik direkt ins Herz zu treffen und sie für einen Moment aus ihrem Alltag zu entführen.
Welches Lied kommt immer gut an?