Künstler der Woche

Interview mit Orphelia De Winter

Interview mit der Burlesquetänzerin Orphelia De Winter.

Orphelia De Winter ist die "Gazelle des Burlesque", die Meisterin des "Singing Burlesque" und unsere "Künstlerin der Woche"! Wie keine andere kombiniert sie Burlesque, Tanz und Gesang und bietet damit eine deutschlandweit einzigartige Show an. Im Interview verrät die vielseitige Künstlerin nun, worum es beim Burlesque wirklich geht, warum Burlesque auf keinem guten Junggesellinnenabschied fehlen darf und erzählt außerdem von ihrer spannenden Arbeit im Olivia Jones Club. Lesen Sie mehr zu unserer tollen "Künstlerin der Woche"!

eventpeppers: Liebe Orphelia, würden Sie unseren Lesern bitte kurz Ihren künstlerischen Werdegang beschreiben? Wie kamen Sie zum Tanz?
Zum Tanz bin ich relativ früh gekommen. Bereits mit 3 Jahren habe ich mit Ballett begonnen und schon zwei Jahre später stand ich mit einer semiprofessionellen Theatertruppe auf der Bühne. Das hat sich dann auch stetig so weitergezogen. Mit 8 bin ich dann noch zusätzlich in den ansässigen Chor gegangen und hatte meine erste Hauptrolle im Theater. Man sieht - es war bereits ziemlich früh klar, dass ich keinen "normalen" Beruf ergreifen würde, was bestimmt auch meinen Genen zu zu schreiben ist. Meine Großmutter arbeitete als Schneiderin und Schauspielerin und mein Großvater war Komponist und stand auch des Öfteren neben seiner Frau auf der Bühne.
Schließlich habe ich mich nach meinen Abitur in "Bildender Kunst" für den Beruf des Musicaldarstellers entschieden und bin nach Hamburg gegangen, um hier meine Ausbildung zu absolvieren. Nach 3 Jahren Ausbildung war es dann soweit und ich bin raus in die große Musicalwelt, um relativ schnell zu erkennen, dass der Markt seit den vielen Castingshows von Sängerinnen überschwemmt war. Deshalb wusste ich relativ früh, dass ich "mein eigenes Ding" durchziehen musste. Da ich schon immer ein Fan des Moulin Rouge, des Lidos und der großen Revuen war, war mir ziemlich schnell klar in welche Richtung es gehen sollte. Die Kostüme, die Grazie der Tänzerinnen, die verspielte Erotik - das wollte ich auch auf die Bühne bringen und ich entschied mich Gesang mit dem klassischen Burlesque zu kombinieren. Geboren war die "Singing Burlesque".
eventpeppers: Wie kamen Sie auf Ihren Künstlernamen Orphelia De Winter?

Ich stehe nicht hinter dem Mikro und lasse langsam die Hüllen fallen. Nein, meine Shows kann man sich eher als kleine erotische Musicalshows vorstellen.

Mein Künstlername begleitet mich bereits länger als ich im Burlesquebereich unterwegs bin. Zu meiner Ausbildung gehörte natürlich auch Schauspiel und so kam es, dass mir der Monolog der Ophelia aus Hamlet zugeteilt wurde. Anscheinend muss mir die Darstellung so gut gelungen sein, dass ich fortan von meinen Mitschülern und Lehrern Ophelia genannt wurde. Das "R" in meinem Namen ist einfach nur der Wiedererkennung geschuldet, da Ophelia doch ein sehr beliebter Künstlername ist. "De Winter" kommt aus den "Drei Musketieren". Lady De Winter war und ist noch immer einer meiner allerliebsten Charaktere der Literatur. Sie vereint Tragik, Verletzlichkeit, Stärke, Hilflosigkeit, Intriganz und Hingabe in all ihren Facetten - eine absolute Traumrolle und der passende zweite Teil meines Künstlernamens. Mir war wichtig, dass mein Name eher unnahbar, kühl und geheimnisvoll wirkt und nicht den üblichen Klischees der Burlesque entspricht - ich tue dies ja auch nicht (lacht).
eventpeppers: Sie sind "Deutschlands einzige singende Burlesquetänzerin". Wie darf man sich Ihre Shows vorstellen? Ich habe da zum Beispiel gleich Christina Aguilera im Film "Burlesque" vor Augen?
Mittlerweile haben auch andere Tänzerinnen das Singen für sich entdeckt, allerdings nicht in der Form und Qualität, die ich biete. Ich bin nach wie vor die Einzige, die Gesang, Tanz und Burlesque parallel kombiniert. Ich stehe nicht hinter dem Mikro und lasse langsam die Hüllen fallen. Nein, meine Shows kann man sich eher als kleine erotische Musicalshows vorstellen. Ausgestattet mit Headset und Sender kann ich mich frei bewegen und komplette Choreographien tanzen, ähnlich wie im Film "Burlesque". Ich singe ebenfalls wie Christina live zu meinen Shows, mit dem Unterschied, dass meine Shows mehr der klassischen Burlesque entsprechen und nicht wie im Film der Neoburlesque. Im Film wurde das Augenmerk zudem mehr auf Gesang und Gruppenchoreographien gelegt, was natürlich auch den Protagonisten zuzuschreiben war. Das hatte mit dem eigentlichen klassischen Burlesque, bei dem man alleine eine Bühne füllen muss, eher weniger zu tun.
eventpeppers: Für welche Veranstaltungen eignet sich Ihre Show besonders gut?
Da bei Burlesque eher die Phantasie angeregt wird und es zweitrangig um Nacktheit geht, ist Burlesque sehr vielseitig einsetzbar. Ebenso steht es einem im Burlesque frei, wie weit die Hüllen fallen - denn es geht prinzipiell nicht um das Nacktsein, sondern um den Weg dorthin. Durch die Vielzahl der unterschiedlichen Shows und Interpretationen ist vom Junggesellenabschied über Hochzeitsfeiern, Geburtstagsfeiern, Firmenveranstaltungen, bis hin zu Bällen oder als Showeinlage in Clubs alles möglich. Natürlich wirken Burlesqueshows immer besonders gut auf großen Bühnen mit abgestimmtem Licht und mit einem gewissen Abstand zum Publikum. Bei mir ist dies nicht zwingend der Fall. Durch den Gesang und meine langjährige Berufserfahrung interagiere ich sehr gerne mit den Gästen und so kommt es, dass meine Shows auch im kleinen Rahmen wirken und sogar in den winzigsten Räumlichkeiten ihren Charme entwickeln und verströmen. So habe ich in wunderschönen Locations auf großen Bühnen für Kunden wie Armani oder Prada gearbeitet, aber auch den 60. Hochzeitstag eines alten Ehepaares versüßt, indem ich sie in vergangene Zeiten entführt habe. Außerdem habe ich als Showact auf Tattooconventions getanzt oder war das Highlight bei einer Kulturveranstaltung im Husumer Museum. Wie man sieht - es sind keine Grenzen gesetzt.
eventpeppers: Ich habe den Eindruck, dass Burlesque immer bekannter und beliebter wird. Können Sie das so bestätigen? Und was macht diese Art von Tanz für Sie so besonders?

Im Burlesque wird die Weiblichkeit und Erotik jeder Frau gefeiert und das honoriert und bejubelt das weibliche Publikum. Besonders beliebt sind Burlesqueshows bei Junggesellinnenabschieden, meist in Kombination mit einem meiner einstündigen Workshops.

Es ist schön zu sehen, dass immer mehr alternative Künstler Fuß fassen, alte Formen der Kunst wieder aufleben und dass der Glamour und die Eleganz der 20er bis 50er wiederkehren. Ich habe das Gefühl, dass sich viele Menschen wieder nach dem "savoir vivre" jener Zeit sehnen. In der heutigen Zeit, in der alles der Effektivität geschuldet ist, sehnt man sich nach Verspieltheit, Glamour, Extravaganz und Ausschweifungen jeglicher Art. So kommt es, dass sich besonders Burlesque und die Ära des Swing großer Beliebtheit erfreuen. Hier waren Frauen noch elegant und Männer echte Dandys.
Für mich hat Burlesque etwas mit Selbstbewusstsein zu tun. Eine starke, sich selbst liebende Frau zu sein, die der Welt und ihren gesellschaftlichen Normen trotzt. Burlesquetänzerinnen verkörpern für mich starke, unabhängige Frauen, die ihre erotische Wirkung nicht als Schwäche sondern als Stärke einsetzen und zu ihrem Zweck nutzen. Deshalb habe ich auch wenig Verständnis für Tänzerinnen, die sich Schönheitsoperationen unterziehen. Besonders im Burlesque geht es darum, sich so zu lieben wie man ist und nicht einem Schönheitsideal hinterherzuhecheln.
Im Moment gibt es einen regelrechten Burlesqueboom. Dies kann man positiv oder negativ sehen. Die große Gefahr - wie bei jedem Boom - ist, dass die Qualität zu leiden beginnt. Waren wir vor 10 Jahren noch eine handvoll Tänzerinnen in Deutschland, ist der Markt mittlerweile überschwemmt. Immer mehr Leihentänzerinnen und Quereinsteigerinnen, die auf den Zug aufspringen wollen, strömen auf die Bühnen und machen den alteingesessenen Tänzerinnen das Leben schwer. Zudem ist die Qualität meist dürftig. Nur weil man tätowiert ist und auf die 50er Jahre steht, ist man nicht gleich Tänzerin. Da gehört noch eine Menge mehr dazu.
Ich versuche meinen Kunden immer zu vermitteln, dass Qualität seinen Preis hat und man unterscheiden sollte, ob man es mit einem professionell ausgebildeten Künstler zu tun hat oder nicht. Schon alleine ein professionelles Kostüm kann mehrere tausend Euro kosten und sollte auch dementsprechend entlohnt werden. Was bringt es einem Veranstalter bei der Gage ein paar Euro zu sparen, wenn am Ende die Gäste enttäuscht nach Hause gehen und eine falsche Vorstellung von Burlesque haben?
eventpeppers: Ist es für Sie als Burlesque-Künstlerin wichtig, Männern und Frauen gleichermaßen zu gefallen?
Ob Mann oder Frau - Hauptsache die Leute sind fasziniert. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass die Frauen die größeren Burlesqufans sind. 95 Prozent all meiner Buchungen kommen von Frauen. Natürlich finden die Männer Burlesqueshows auch toll, aber die Frauen flippen regelrecht aus. Das liegt hauptsächlich daran, dass es beim Burlesque kein Schönheitsideal gibt. Hier ist einfach jeder Typ Frau erlaubt und die Figur ist absolut nebensächlich. Ob nun mollig, kleinbrüstig mit Reiterhosen oder eben wie ich androgyn, man soll sich lieben wie man ist. Hier wird die Weiblichkeit und Erotik jeder Frau gefeiert und das honoriert und bejubelt das weibliche Publikum. Ich habe die Erfahrung gemacht: Je mehr "Makel", umso mehr wird man bejubelt - vorraugesetzt man bringt die nötige Ausstrahlung und das nötige Können mit. Natürlich sind die Kostüme überaus wichtig und spielen eine tragende Rolle. Welche Frau würde nicht gerne einmal als Femme Fatale mit riesigen Federfächern spielen, opulente Hollywood-Roben tragen oder in Unmengen von Strass und Federn gehüllt sein? Ich glaube, davon träumt insgeheim jede Frau. Besonders beliebt sind Burlesqueshows bei Junggesellinnenabschieden, meist in Kombination mit einem meiner einstündigen Workshops. Hier zeige ich den Mädels die Grundlagen der Verführung und entdecke mit ihnen ihre innere "Femme Fatale". Anschließend gibt es dann noch eine fulminante Burlesqueshow meinerseits - fertig ist der perfekte Mädelsalbend!
eventpeppers: Sie treten auch im bekannten "Olivia Jones Show Club" auf. Können Sie uns ein bisschen darüber erzählen?
Unter anderem bin ich mittlerweile im dritten Jahr bei Olivia Jones im Showensemble und dort für die Sparte Burlesque zuständig. Auch Teile der Moderation werden von mir übernommen und ich muss sagen - es macht mir tierischen Spaß. Im Gegensatz zum "Queen Calavera", wo ich zu den Stammtänzerinnen gehörte, darf man den Club allerdings nicht mit einem Burlesqueclub oder Cabaret vergleichen, wo sich das Publikum gesittet im Hintergrund hält und leise vor sich hinschwärmt. Hier ist eher Halligalli und Rambazamba angesagt. Auch die Bühne ist eher klein und wird liebevoll die " beleuchtete Europalette" genannt. Das ist mit der Grund, weshalb "normale" Burlesquetäzerinnen es hier eher schwer haben. Große Kunst ist hier nicht angesagt, sondern Unterhaltung. Man muss wissen, wie man mit den Menschenmassen umgeht und den Leuten auf nette unterhaltsame Weise vermitteln, wo die Grenzen sind. Da kommt mir mein Gesang und meine schlagfertige Art mit dem Publikum zu scherzen sehr entgegen. Hier habe ich zum Beispiel von Wanders, mit der ich zusammen auftrete, meinen zweiten Künstlernamen "Die Gazelle der Burlesque" verpasst bekommen. Das hätte ich auch nicht gedacht, einmal mit der "Aufklärerin" der Nation in einer Umkleide zu hocken. Der Kiez ist schon voller Überraschungen und man muss aufpassen, dass man sich nicht zu sehr verliert. Deshalb habe ich erst einmal eine kurze Pause bei Olivia eingelegt um mich weiteren Projekten zu widmen. So bin ich sehr viel in Prag gebucht und auch meine Heimat Luxemburg entdeckt so langsam diese Kunstform.
eventpeppers: Zu guter Letzt: Sie sind ein wahres Allround-Talent: Sie singen, Sie tanzen und moderieren - gibt es überhaupt irgendetwas, das Sie nicht können?
Als Künstler ist man ja leider schon fast gezwungen, alles zu können und sich stetig weiterzuentwickeln. Ich habe das Glück mit einigen Talenten gesegnet zu sein und bin somit nicht zwingend auf Andere angewiesen. So kommt es nicht nur, dass ich singe, tanze und moderiere, sondern ich bin zusätzlich auch ausgebildete Schauspielerin, arbeite als Fotomodel und mache gerade eine Schneiderausbildung. Ich konnte somit die meisten meiner Fertigkeiten im Burlesque vereinen, was natürlich auch eine sehr große finanzielle Entlastung bedeutet. Ich baue mir meine Requisiten und Bühnenbilder selber, entwickle und schneidere all meine Kostüme, sorge für meinen Werbe- und Webauftritt, mache meine Aquise selbstständig und bin immer dabei, neue Shows und Konzepte zu entwickeln. Und ein großer Rückhalt und Unterstützung ist natürlich auch mein Partner, der mich zu meinen Auftritten begleitet und mir in allen Lebenslagen hilft, wenn mal Not am Mann ist. Außerdem gibt es bei Künstlern nie Stillstand. Im Moment arbeite ich an meiner ersten Luftakrobatiknummer und an einer Quickchange-Burlesqueshow, die das Publikum hoffentlich begeistern wird. Weitere Kostüme sind in Arbeit und mein Gesangsrepertoire erweitert sich stetig. Man darf also weiterhin gespannt sein.

6 Fotos

Orphelia De Winter
1/6
Die Burlesquetänzerin Orphelia De Winter.Orphelia De Winter als Marlene Dietrich.Orphelia De Winter: Burlesque für jedes Event.Burlesque und Tanz mit Orphelia De Winter.Die wandlungsfähige Tänzerin Orphelia De Winter.