Künstler der Woche

Interview mit Erich Scharnofske

Interview mit dem Trompeter Erich Scharnofske

Ein Mann mit vielen Talenten: Erich Scharnofske ist Trompeter, Guinness-Rekordhalter und Vater in einer äußerst musikalischen Familie. Im Interview spricht unser außergewöhnlich vielseitiger "Künstler der Woche" über seine Musikprojekte, beeindruckende Kostümierungen und seinen neuen Rekordversuch am 14. Dezember auf dem Weihnachtsmarkt in Hameln - mit über 2500 Teilnehmern!

eventpeppers: Lieber Erich, wie kamen Sie zur Musik bzw. zur Trompete?
Zur Trompete kam ich ich im Alter von 13 Jahren. Mein älterer Bruder spielte Tuba im Musikverein unseres 2000 Einwohner zählenden Ortes Gestorf (Hannover) und fragte mich, ob ich nicht mitmachen möchte, es würden noch Trompeter gebraucht. Von da an hatte ich meine erste feste Beziehung: Ich hatte meine Trompete (fast) täglich in der Hand.
eventpeppers: Auch all Ihre Kinder machen Musik. Wie kam es dazu? Und wie sah und sieht bei Ihnen der familiäre Alltag aus - wird viel gemeinsam musiziert?
Als ich 30 Jahre alt war, wurde mein Sohn Florian geboren. Ich arbeitete beim Norddeutschen Rundfunk in Hannover und hatte mehr als 9 Stunden pro Tag nichts mit der Erziehung meines Kindes zu tun. 1 ½ Jahre später wurde meine Tochter Larissa geboren und ich beschloss, an eine Musikschule zu wechseln, um nur an drei Nachmittagen von zu Hause fort zu sein. Ich konnte nun jeden Morgen, während meine Frau im Schuldienst tätig war, mit den Kindern verbringen. Es gab keinen Tag, an dem wir nicht gesungen oder irgendwelche Singspiele mit Percussionsbegleitung gemacht haben. Das Tonband lief oft für Aufnahmen mit und wir sprangen täglich zur Big Band-Musik von Max Greger, James Last und Paul Kuhn über die Wohnzimmersitzmöbel.
Da ich zu dieser Zeit noch plante in ein klassisches Orchester zu gehen, spielte ich am Tag oft bis zu 3 Stunden Trompete. Wenn die Gute-Nacht-Geschichte erzählt war, konnten und mussten die Kinder diese Übungen und Trompetenkonzerte gezwungenermaßen beim Einschlafen weiter hören. Sie konnten sogar meine Einspielübungen nachsingen. Das war der Einstieg in's totale Musikerleben. Mein Sohn Florian wurde mal gefragt: „Was willst du denn werden? Vielleicht Lehrerin wie deine Mutter?“ Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: „Nein, ich will Musiker werden wie Papa, dann kann ich morgens immer schön lange schlafen.“ Heute bin ich froh, mich so viel mit meinen Kindern beschäftigt zu haben, denn wir haben bei gemeinsamen Veranstaltungen viel Spaß zusammen.
eventpeppers: Sie sind musikalisch wahnsinnig vielseitig. Mit Ihrem Projekt „Erichs Fröhliche Musikanten“ sorgen Sie mit bester Volksmusik für Stimmung, Ihre „Dixie Kings“ stehen hingegen für unterhaltsame Jazzmusik und Evergreens. Welche Musik hören Sie privat am liebsten? Haben Sie Lieblingslieder oder musikalische Vorbilder?
Ich habe noch heute eine Vorliebe für klassische Musik mit Symphonieorchestern und höre gern Filmmusiken, habe aber auch ein Ohr für andere Musikrichtungen. Hauptsache gut komponiert, arrangiert und mit guten Musikern gespielt.
Durch meine 3 Kinder, die ja alle Profis sind, höre ich heute besonders viel moderne Musik, da jeder von ihnen sehr unterschiedliche Musikprojekte hat. Vorbilder sind für mich Musiker, die es schaffen, mit ihrer Musik viele Menschen zu erreichen und nicht nur sich selbST mit Show in den Mittelpunkt stellen. Dabei ist mir die Musikrichtung egal. Ich orientiere mich vor allem an Bands, die man auch bei Liveauftritten ohne Ohrenschutz genießen kann. Mit zunehmendem Alter lerne ich gerade vom Zuhören immer besser zu improvisieren - das macht mir bei meiner Band Dixie Kings sehr viel Spaß. Hier sind meine Kinder Nikolai, Larissa und Florian, die alle Jazz-Rock-Pop studiert haben und bei größeren Veranstaltungen mit mir zusammen auftreten, gleichzeitig meine Vorbilder.
eventpeppers: Können Sie die „Dixie Kings“ und Ihre „Fröhlichen Musikanten“ noch ein bisschen näher beschreiben? Wie sind die Bands besetzt und wie sieht das jeweilige Repertoire aus?

In diesem Jahr bereite ich für den Weihnachtsmarkt in Hameln eine der größten Mitsingaktionen Deutschlands vor. Am Samstag, den 14. Dezember, werde ich mit über 2500 Sängern und über 150 Trompetern gemeinsam das bekannteste deutsche Weihnachtslied "Alle Jahre wieder" vortragen.

Das Erkennungszeichen der Dixie Kings sind Frack und Zylinderhut. Ich besitze einige dieser Hüte, mit denen ich die Musiker ausstatte. Die meisten dieser Hüte sind alte Originale, teilweise mehr als 100 Jahre alt. Leider hatten die Leute früher kleinere Köpfe, so dass es mit den Hüten im doppelten Sinne eng wird, wenn wir mit größeren Besetzungen spielen. Falls einer Ihrer Leser noch so einen Chapeau Claque hat und ihn loswerden möchte, soll er gerne mit uns Kontakt aufnehmen.
Mit den Dixie Kings trete ich in verschiedenen Besetzungen auf. Die kleinste Formation bietet sich bei kürzeren Einsätzen an. Sie besteht aus Trompete, Klarinette, Akkordeon und Kontrabass bzw. Sousaphon. Meistens spielen wir in der fetzigeren Fünfer-Besetzung mit zusätzlichem Schlagzeug, das in der mobilen Band als kleines Umhänge-Drumset am Körper getragen wird. Auf Wunsch des Veranstalters nehmen wir gerne noch Saxophon und Posaune dazu. Die Größe der Band muss dem Rahmen und dem Budget des Veranstalters angepasst sein. Statt Akkordeon spielen wir von der Bühne auch mit Piano oder Flügel, wenn vorhanden. Die Auswahl der Musiktitel erfahre ich oft im Gespräch mit dem Veranstalter. Wobei bestimmte Titel wie "Down by the Riverside", "When the saints go marching in", "Basin Street Blues" oder deutsche Hits der 20er und 30er wie "Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen", "Wochenend' und Sonnenschein" oder "Mein kleiner grüner Kaktus" immer wieder gern gehört werden.
Bei Erichs fröhlichen Musikanten ist das Trio mit Trompete, Klarinette und Akkordeon die kleinste Besetzung. Natürlich kann jeder von uns auch als Solist gebucht werden. Größere Besetzungen biete ich noch lieber an, denn erweitert mit Tuba und Schlagzeug macht uns Musikern das Musizieren selbst noch mehr Spaß. Musikalisch liegt der Schwerpunkt auf Titeln wie „Trompetenecho“, „Zillertaler Hochzeitsmarsch“, „Kufsteiner Lied“ und „In München steht ein Hofbräuhaus“. Aber in der Volksmusik gibt es unendlich viele bekannte Hits und von „Auf der Lüneburger Heide“ bis zum „Odenwald-Walzer“ hat jede Gegend nochmal Ihre eigenen Stimmungslieder. Wir merken das schnell, wenn wir mit unseren Instrumenten von Tisch zu Tisch gehen und die Leute nach ihrem Wunschtitel fragen. Dies kommt besonders gut an und für uns ist das immer wieder auch eine Herausforderung, denn wir spielen ja alles "aus dem Hut".
eventpeppers: Für welche Veranstaltungen eignen sich die Projekte besonders? Die „Dixie Kings“ sind ja zum Beispiel eine mobile Band – wie darf man sich das vorstellen?
Für die Dixie Kings eignen sich viele Veranstaltungen. Die Musik passt zu jedem Empfang, als Einstimmung des Abends, zum Frühschoppen, zu Messen, als Hintergrundmusik oder als die besondere Einlage. Die Stückauswahl hängt davon ab, wie viel Aufmerksamkeit der Auftritt bekommen soll. Wenn es heißt, wir haben eine Mucke "unplugged", dann brauchen wir keine Bühne und keine Technik. Diese Veranstaltungen lieben wir Musiker, denn wir müssen nicht mehrere Stunden vorher am Spielort sein, um aufzubauen und die Tonanlage einzustellen. Das Instrument wird ausgepackt und los geht’s, manchmal die ganze Fußgängerzone rauf und runter. Außerdem kann man sein eigenes Instrument immer gut hören. Die Veranstaltung wird so für die Gäste zu einem Erlebnis, weil sie die Instrumente zum Anfassen nah erleben.
eventpeppers: Was ist die „Königliche Blasmusik Hannover“? Ist es richtig, dass Sie dort ein eigenes Weihnachtsprogramm anbieten und wie sieht das aus?
Die Königliche Blasmusik Hannover gibt es seit 1990. In den ersten Jahren bis 2000 hatte ich viele Auftritte mit dieser 20 Musiker zählenden Profi-Blaskapelle. In vielen Volksmusiksendungen waren wir dabei und unser Terminkalender war mit Großveranstaltungen in Fest- und Stadthallen gut gefüllt. Ein Höhepunkt war der Auftritt beim internationalen Blasmusikwettbewerb im Smetana-Saal in Prag. Hier wurde die Königliche Blasmusik Hannover mit dem 1. Platz und der Goldmedaille geehrt. Die Nachfrage nach großen Blasorchestern hat dann leider stark nachgelassen. Es liegt wohl daran, dass ein DJ nicht so viel Platz einnimmt und der Veranstalter nicht so viel für Getränke bezahlen muss. (lacht)
Deshalb arbeite ich heute mit kleineren Blech-Blas-Besetzungen. Ich spiele mittlerweile gerne mit dem Bläserquintett oder dem Bläserquartett. In diesen kleinen Besetzungen ist jeder Bläser ein Solist - das ist für jeden Musiker eine anspruchsvolle Aufgabe. Auftrittsanlässe sind zum Beispiel feierliche Empfänge. Hier spielen wir auch mit Fanfaren und Trommeln, sozusagen mit Pauken und Trompeten. Außerdem gibt es Konzerte, meistens mit klassischen Werken oder Themen wie Musical oder Filmmusik. Die unterschiedlichen Uniformen - zum Beispiel mittelalterliche Gewänder, friderizianische Uniformen, blau/weiß mit Dreispitz oder im Barockstil mit Allongeperücke - machen optisch Eindruck und sind für die Zuschauer etwas besonderes.
In der Weihnachtszeit trete ich mit dem Bläserquartett der Königlichen Blasmusik Hannover oft auf Weihnachtsmärkten auf. Mit der Besetzung 2 Trompeten, Posaune und Tuba habe ich eine beliebte CD mit 30 der bekanntesten Advents- und Weihnachtslieder produziert. Weil die Lieder nur von Bläsern gespielt werden, also ohne Gesang, eignen sie sich wunderbar zum Mitsingen. Dafür liegt der CD auch ein Textheft bei. In diesem Jahr bereite ich für den Weihnachtsmarkt in Hameln eine der größten Mitsingaktionen Deutschlands vor. Am Samstag, den 14. Dezember, werde ich mit über 2500 Sängern und über 150 Trompetern gemeinsam das bekannteste deutsche Weihnachtslied "Alle Jahre wieder" vortragen. Damit möchte ich meinen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde vom Jahr 2000 brechen. Vor 13 Jahren spielten und sangen mit mir 111 Trompeter und 2235 Sänger.
eventpeppers: Sie können viele Stücke auswendig spielen und spielen diese sogar spontan auf Zuruf Ihres Publikums. Kommt das automatisch im Laufe der Jahre oder haben Sie diese Stücke extra auswendig gelernt? Welche Stücke werden besonders oft gewünscht?

Ich habe noch heute eine Vorliebe für klassische Musik und höre gern Filmmusiken, habe aber auch ein Ohr für andere Musikrichtungen. Hauptsache gut komponiert, arrangiert und mit guten Musikern gespielt.

Das Auswendigspielen hat bei mir sehr früh begonnen. Als Kind habe ich bei jeder Familienfeier meine Mutter mit Ziehharmonika und Mundharmonika spielen gehört. In meiner Verwandtschaft konnte fast jeder Quetsche, Akkordeon oder Mundharmonika spielen und es wurde viel gesungen. Diese Heimatlieder prägten sich schnell bei mir ein. Mit 17, als ich etwa drei Jahre Trompete spielte, hatte ich meinen ersten Soloauftritt in einem Altenheim. Das Publikum wünschte sich Lieder wie "Waldeslust", "Mariechen saß weinend im Garten", "Pommernlied" und "Schlesier- und Ostpreußen-Lied", die ich nie gebübt hatte. Ich spielte sie und war selbst erstaunt, wie gut das klappte. Heute, fast 50 Jahre später, hat sich natürlich ein unendliches Repertoire angesammelt, was mir sehr zu Gute kommt. So habe ich in diesem Jahr zwei Mal bei sehr interessanten Events mitwirken können - das Frühlingsfest in Yokohama (Japan) und das Oktoberfest in Tulsa (USA) haben einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen.
eventpeppers: Ihr Sohn, Florian Scharnofske, hat letzte Woche ja schon ein paar musikalische und lustige Anekdoten der Scharnofske-Familie erzählt. Gibt es auch ein paar Geschichten, die Sie gerne mit den Lesern teilen möchten?
Die Musiker fragen immer wieder: “Was ziehen wir an?“, wenn ein neuer Gig ansteht. Und da gibt es immer wieder lustige Erlebnisse. Zum Beispiel kam der Posaunist zu einem Kirchenkonzert in abgewetzten und unansehnlichen Jeans, weil der Pastor gesagt hatte, wir könnten locker auftreten. Das Problem war nur, dass die anderen Musiker im schwarzen Anzug da waren. Und als der Jeans tragende Posaunist sagte, dass er aber für solche Auftritte immer eine schwarze Hose im Posaunenkoffer hätte und sie heraus holte, konnte jeder erkennen, dass diese schon Jahre darauf wartete mal an die Luft zu kommen. Eine Hose mit so vielen Falten hatten wir bis dahin noch nicht gesehen.
Bei einer anderen Veranstaltung stand das ganze Blasorchester in gleicher Uniform - schwarze Hose, einheitliches gelbes Hemd - spielbereit auf einem Sportplatz vor etwa 1000 Leuten. Nur ein Trompeter fehlte noch. Das Publikum fing an zu applaudieren, noch bevor wir überhaupt einen Ton gespielt hatten. Meine Musiker konnten sich vor Lachen nicht mehr halten, als sie unseren Mitspieler kommen sahen. Er hatte geglaubt, wir würden diesmal in volkstümlicher Tracht mit roter Kniebundhose auftreten. Als Orchesterleiter war mir diese Situation damals sehr unangenehm und sehe diesen Trompeter noch heute vor mir. Aber heute kann ich darüber lachen.

9 Fotos

Erich Scharnofske mit seiner mobilen Band Dixie Kings.
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Die Königliche Blasmusik Hannover im Barockstil.Die Königliche Blasmusik Hannover als Quartett in mittelalterlichen Uniformen.Mit Pauken und Trompeten: Lizzy und Erich Scharnofske.Die Königliche Blasmusik Hannover in friderizanischer Uniform.Volksmusik für jedes Event: Erichs fröhliche MusikantenCover der Weihnachts-CD von Erich Scharnofske.Trompeter Erich Scharnofske: Solo oder in verschiedenen Formationen.Erich Scharnofske mit Trompete.